Zum ZP Sondervermögen Bundeswehr
Berlin, 03.06.2022
Johannes Wagner, MdB
Platz der Republik 1
11011 Berlin
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johannes.wagner@bundestag.de
Der durch nichts zu rechtfertigende, brutale und völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat den europäischen, ja vielleicht sogar den weltweiten außen- und sicherheitspolitischem Status Quo verändert.
Die Ukraine verdient unsere uneingeschränkte Unterstützung. Dafür ist sowohl humanitäre als auch militärische Hilfe notwendig. Ziel muss einerseits sein, dass die Ukraine den Krieg gewinnt und die russischen Truppen von ihrem Territorium zurückdrängen kann und andererseits, dass die Kriegsfolgen in der Ukraine selbst, aber auch weltweit reduziert werden. Damit meine ich insbesondere die erhöhten Lebensmittel- und Energiepreise. Diese drohen schon jetzt eine der dramatischsten Hungerkrisen zu verursachen.
Die Bundeswehr kann aktuell selbst minimale Anforderungen an Bündnis- und Landesverteidigung kaum einhalten und die Ukraine nicht in dem Umfang mit Material unterstützen, wie wir es uns wünschen würden. Der Grund dafür sind die katastrophale Organisation und das von Mängeln durchzogene Beschaffungswesen in den letzten Jahren und Jahrzehnten. Das tut aktuell aber nur bedingt zur Sache, denn Fakt ist: unter den aktuellen Umständen muss in die Bündnis- und Landesverteidigung investiert werden.
Diese Investitionen sind zu Beginn der Anschaffung einmalig extrem teuer und dadurch im regulären Haushalt nicht finanzierbar. Da der Weg der Finanzierung dieser Anschaffungen über reguläre Schulden durch die unzeitgemäße Schuldenbremse nicht möglich ist, ist es grundsätzlich richtig, die jetzt nötigen Ausgaben für eine andere Außen- und Sicherheitspolitik über ein Sondervermögen zu finanzieren. Diese nötigen Investitionen dürfen auf keinen Fall zu Lasten dringender Zukunftsinvestitionen in Klimaschutz, Infrastruktur und sozialer Sicherheit führen.
Die Reduzierung des Sicherheitsbegriffs in diesem Sondervermögen alleine auf die Bundeswehr halte ich jedoch für einen Fehler. Ich bin schwer enttäuscht, dass selbst ein reduzierter “erweiterter Sicherheitsbegriff” als Teil der Finanzierungsmöglichkeiten dieses Sondervermögens nicht durchsetzbar war. Damit müssen selbst Cybersicherheit, also der Schutz kritischer Infrastruktur wie Krankenhäuser, aber auch die Ertüchtigung von Partner*innen, beispielsweise über den Ringtausch, durch den regulären Haushalt gedeckt werden.
Da die Zeit drängt und wir schnell verteidigungspolitisch handlungsfähig werden müssen, stimme ich schweren Herzens für das Sondervermögen. Doch für mich ist weiterhin klar, dass Sicherheit nicht nur aus militärischer Verteidigung besteht, sondern auch aus Zivilschutz, Cybersicherheit, Krisenprävention und sogar energiepolitischer Unabhängigkeit.
Johannes Wagner, MdB
Deutscher Bundestag, Platz der Republik 1, 11011 Berlin